Friedensmotette „Da pacem, Domine“

Zur Uraufführung der Motette in der Matthiaskirche in Budapest heißt es in der Jubiläumsfestschrift „40 Jahre Trierer Konzertchor“:
Besonders erfolgreich war die Uraufführung der Friedensmotette „Da pacem, Domine“ für gem. Chor und Streichorchester (Kammerorchester des Bela Bartok Konservatoriums, Budapest) am 20. Oktober 1986 in der Matthias-Kirche in Budapest. Das Konzert war von einer auffallend gespannten Atmosphäre in der vollbesetzten Matthias-Kirche getragen, da an diesem 30. Jahrestag des Ungarnaufstandes von 1956 gedacht wurde, wodurch diesem Friedensgesang und dem Konzert überhaupt (es erklangen noch zwei Motetten und eine Kantate von J.S. Bach), vorgetragen von einem westdeutschen Chor in einem Ostblockstaat, eine ganz besondere Bedeutung zukam.


Trierischer Volksfreund, 11. November 1986, Martin Möller
Musikalischer Ausdruck zeitgemäßer Friedenssehnsucht
Heinz Heckmanns „Da pacem, Domine“-Motette in der Trierer Jesuitenkirche erstaufgeführt
In Zeiten eines stets gefährdeten, oftmals als bedrohlich empfundenen (und auch tatsächlich bedrohlichen) Nicht-Krieges hat es hohe Symbolkraft, wenn ein westdeutscher Chor in einem Land des anderen Militärlagers eine Motette uraufführt, der das „Verleih uns Frieden“ zugrunde liegt. So geschah es durch den Trierer Kammerchor bei einem Konzert in Budapest, in dem man Heinz Heckmanns Motette „Da pacem“ zum ersten Mal öffentlich sang. Nun fand im Rahmen eines Chorkonzerts in der vollbesetzten Trierer Jesuitenkirche die westdeutsche Erstaufführung statt, ausgeführt vom Trierer Kammerchor, dem begleitenden Trierer Kammerorchester und dem Leiter Manfred May.
Über die Textwahl und auch über die Tatsache hinaus, dass das gesamteuropäische Latein zugrunde liegt, ist Heinz Heckmanns Komposition ein Ausdruck zeitgemäßer Friedens-sehnsucht. Vielfach und vielfältig wird die „Da pacem“-Bitte erneuert. Heinz Heckmann bedient sich rhetorischer Verfahrensweisen, verleiht den Textwiederholungen durch eine überlegte und äußerst geschickte musikalische Steigerungstechnik emphatische Eindringlichkeit und dem „qui pugnet“ suggestive Bildkraft. Ein an Sekundreibungen reicher Satz, dessen Harmonik romantische Modelle streift, und der an den Abschnittsenden versöhnlich in Dur-Akkorde mündet, sichert die Zugänglichkeit dieser Musik – gibt freilich dem A-cappella-Singen einige Probleme auf. Heinz Heckmann hat das „Da pacem, Domine“ in den Mittelpunkt gestellt und damit den Text auf eine sehr moderne Art umgewertet. Denn dieser zielt auf das „quia non est alius, qui pugnet pro nobis, nisi tu, Domine“ – in Luthers Übersetzung „Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn Du, unser Gott, alleine“. So hat, um den Vergleich zu wagen, Heinrich Schütz die Zielrichtung ohne alle Wiederholung nachvollzogen. Heckmann setzt durch die wiederholte und vertiefte Friedensbitte die Akzente anders. Das ist legitim, zumal er den Höhepunkt des „nisi tu, Domine“ nicht unterschlägt. Aber dann fügt er eine veränderte Wiederholung des Anfangs an. Hat Heinz Heckmann hier nur dem abstrakten, vom Text nicht gedeckten Bedürfnis nach geschlossener Form Rechnung getragen? Dem Rezensenten will scheinen, dass diese Abrundung die Wirkungskraft der Komposition schwächt und den Textbezug einseitig macht. Eine Version ohne die matte Wiederaufnahme sollte der Probe wert sein…
Beifall für die Ausführenden, vor allem aber für den Komponisten. Dass man, dem Wunsch der Zuhörer in der vollbesetzten Kirche entsprechend, Heinz Heckmanns Werk wiederholte, belegt: Auch nach dem Selbstverständnis des Publikums steht diese uns diese zeitgenössische Musik näher als der ferne Bach – bei allem selbstverständlichen Rangunterschied.